Bedarfsabhängige Kinderzulagen

Motion 20.3683

Ihre Stellungnahme auf meine im Juni 2020 eingereichte Motion wurde bereits drei Monate später, also im August 2020 verabschiedet. Seit da sind rund zwei Jahre Pandemie ins Land gezogen, welche uns allen die Notwendigkeit von bedarfsabhängigen Kinderzulagen vor Augen geführt haben. Die Menschenschlangen bei der Essensausgabe werden wir so schnell nicht wieder vergessen. Nur dank den für unser politisches System raschen staatlichen Unterstützungsmassnahmen, aber vor allem auch der grossen Solidarität der Bevölkerung, konnte grosses Leid verhindert werden.

Gleichzeitig zeigen die im Februar 2022 vom Bund veröffentlichten Armutszahlen 2020 eine erneute Zunahme der Armut in der Schweiz, welche seit 2014 ansteigt. Das BFS muss sich dabei auf die Einkommensdaten von 2019 stützen, also von vor der Pandemie. Anfangs 2020 waren also rund 722‘000 Menschen in unserem Land von Armut betroffen und davon wiederum rund 133‘000 Kinder. Zu den 8.5 Prozent Armutsbetroffenen, kommen schätzungsweise nochmals so viele Menschen dazu, die nur knapp über der Armutsgrenze leben. Die Corona-Pandemie drängte insbesondere auch diese Personengruppe in die Armut, da allenfalls ein Nebenjob wegfiel, das Trinkgeld ausblieb oder auch Lohneinbussen aufgrund der Kurzarbeit in Kauf genommen werden mussten. Während unterhalb der Armutsgrenze vor allem Alleinerziehende überdurchschnittlich vertreten sind, zeigt eine neuste Studie der Berner Fachhochschule und dem Hilfswerk Caritas, dass knapp oberhalb der Armutsgrenze sehr viele Paarhaushalte mit Kindern leben.

Wir müssen heute davon ausgehen, dass wir in der Schweiz mehr als eine Viertel Million Kinder haben, die in finanziell sehr beengten Verhältnissen aufwachsen. Gleichzeitig wissen wir zudem, dass bereits ein Entwicklungsrückstand in der frühen Kindheit fast nicht mehr eingeholt werden kann und die betroffenen Kinder mit unterschiedlich langen Spiessen im Rucksack unterwegs sind.

Die in der Motion geforderten bedarfsabhängigen Kinderzulagen könnten eine enorme armutspräventive Wirkung entfalten. Es ist enttäuschend zu lesen, dass der Bundesrat mit einer wiederkehrenden Selbstverständlichkeit die Verantwortung den Kantonen zuschiebt. Dies obwohl einerseits in Artikel 11 der Bundesverfassung der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf Förderung ihrer Entwicklung festgehalten ist und anderseits auch die von der Schweiz 1997 ratifizierte UNO-Kinderrechtskonvention keinen Interpretationsspielraum zulässt. Klar, es ist zu begrüssen, dass immerhin vier von 26 Kantonen in unserem Land das Instrument von Familienergänzungsleistungen kennen. Ein aktueller Evaluationsbericht aus dem Kanton Waadt zeigt hier übrigens sehr positive Resultate in Bezug auf die Wirksamkeit. Gleichzeitig kommt der Bundesrat in seinem 2021 veröffentlichten Bericht zur frühen Kindheit aber selbst zum Schluss, dass in Bezug auf die Unterstützungsleistungen für Kinder und Familien enorme Unterschiede innerhalb der Schweiz vorhanden sind.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Kinder haben heutzutage in der Schweiz von Geburt an nicht die gleichen Chancen. Dabei rühmen wir uns doch als Land, in dem einem mit viel Fleiss und Einsatz praktisch alle Türen offenstehen. Mit nationalen bedarfsabhängigen Kinderzulagen für einkommensschwache Familien haben wir die Möglichkeit, in Sachen Entwicklungschancen für Kinder und Armutsprävention einen wichtigen Schritt vorwärtszugehen. Ich danke ihnen für Ihre Unterstützung.

Abstimmung: Leider wurde die Motion vom Nationalrat abgelehnt.

  • FERI Mit-Wirkung

    Staat und Wirtschaft werden oft als Konkurrenten dargestellt. Doch beide brauchen einander und wir brauchen beides: einen starken Staat und eine prosperierende Wirtschaft! Als Nationalrätin setze ich mich dafür ein, dass Staat und Wirtschaft die Verantwortung dafür teilen, dass die Bevölkerung gut und selbstbestimmt leben kann. Der Staat soll Anreize für die Wirtschaft setzen, sich sozial und ökologisch zu engagieren. Die Wirtschaft ist aufgefordert, Krippen anzubieten, nachhaltig mit Ressourcen umzugehen, junge Menschen auszubilden, Teilzeitstellen zu schaffen, Stellen für sozial Schwächere anzubieten und Personen mit einem Handicap zu beschäftigen. Und zwar so, dass es für alle Beteiligten Sinn macht. Hier geht es zu meiner beruflichen Tätigkeit, der Einzelfirma FERI Mit-Wirkung.

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