50 Jahre Frauenstimmrecht, 50 Jahre echte Demokratie in der Schweiz

Vor 50 Jahren führte die Schweiz als eines der letzten europäischen Länder das Frauenstimmrecht ein.  Der Weg dahin war lang und steinig. Er begann 1868 mit einem ersten Vorstoss von Zürcher Frauen, die anlässlich einer kantonalen Verfassungsrevision – vergebens – das Wahlrecht verlangten. Den Gegnern und Gegnerinnen des Frauenstimmrechts ging es vor allem darum, die traditionelle, biologisch begründete Rolle der Frau am Herd und bei den Kindern zu bewahren.

Am 7. Februar 1971 war es endlich so weit: Die Schweizer hiessen das eidgenössische Stimm- und Wahlrecht für Frauen mit 65,7% gut. Die Aargauer sprachen sich am gleichen Abstimmungssonntag auch für das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene aus. Zwölf Jahre zuvor hatten die Schweizer Männer dem Frauenstimmrecht in einer eidgenössischen Volksabstimmung mit einer Zweidrittelmehrheit noch eine wuchtige Abfuhr erteilt. Dass zwischen der ersten und der zweiten Volksabstimmung mehrere Kantone das Frauenstimmrecht einführten, war hilfreich.

Ein Jubiläum zum Feiern

Im europäischen Vergleich mussten die Frauen in der Schweiz sehr lange warten, bis sie endlich politisch partizipieren durften. Nur in Portugal und Liechtenstein brauchten die Frauen noch mehr Geduld. Und gerade deswegen muss dieses 50-jährige Jubiläum des Frauenstimmrechts mit Pauken und Trompeten gefeiert werden! 1971 wurde aus dem Schweizer Männerstaat endlich eine echte Demokratie. Zu verdanken haben wir das den vielen engagierten Frauen, die nicht einfach auf die Einsicht der Männer hofften, sondern mehr als ein Jahrhundert lang für die Einführung des Frauenstimmrechts kämpften. Iris von Roten war eine von ihnen. Das Buch und der Film «Verliebte Feinde» geben einen Einblick in das Leben dieser radikalen Frauenrechtlerin. Ich empfehle allen, mit dieser Biographie in das damalige Leben einzutauchen und dabei den immer wieder aussichtslos erscheinenden Kampf um die politische Gleichstellung von Frauen nachzuempfinden.

Die natürlichen Aufgaben der Frauen

Die Gegner und Gegnerinnen des Frauenstimmrechts waren von der wesensmässigen Differenz von Frauen und Männern überzeugt. Die biologische Ungleichheit müsse zwingend bei der Rollenverteilung berücksichtigt werden. Die gottgewollt zentrale Aufgabe der Frau sei die Mutterschaft. Die Frau sollte «die Knöpfe» erziehen, dem Mann und den Kindern ein gemütliches Heim bieten und am Herd für das leibliche Wohl der Familie sorgen. Die Verpolitisierung der Frau würde zu einer Verwahrlosung der Kinder – und wohl auch der Männer – sowie zu einem Verlust der Weiblichkeit führen. Auf den Plakaten gegen das Frauenstimmrecht wurden diese Bedenken u.a. mit einer Fliege auf dem Schnuller, einem aus der Wiege gefallenen Kind und einer hageren Frau bildlich umgesetzt.

Der Bundesrat empfahl dem Volk bereits bei der Abstimmung im Jahr 1959 die Annahme des Frauenstimmrechts, obwohl auch ihm gemäss Botschaft die Bewahrung der traditionellen Rollenverteilung wichtig war: «Die zunehmende Auflockerung der Familie ist zweifellos zu bedauern, schon deswegen, weil die Frau mehr und mehr ihrer natürlichen Aufgabe entzogen wird, zum Nachteil der Familie und des Staates und ihrer selbst, da sie mit einer doppelten Aufgabe belastet wird, die zu einer Überbelastung führen kann. Diese Entwicklung ist aber eine Tatsache, die unabhängig davon besteht, ob die Frau das Stimmrecht erhält oder nicht.»

Keine Berufsausübung ohne Einwilligung des Mannes

Auch nach der Einführung des Frauenstimmrechts blieb der Mann das Oberhaupt und der Ernährer der Familie. Das damalige Eherecht schrieb u.a. vor, dass der Ehemann die eheliche Wohnung zu bestimmen habe, für den Unterhalt von Weib und Kind sorgen müsse und über eine allfällige Berufstätigkeit der Frau entscheide. Erst mit der Neuregelung des Eherechts per 1.1.1988 wurde die Gleichberechtigung auch im Eherecht verwirklicht und die Vorschriften zur Rollenverteilung innerhalb der Ehe aus dem Zivilgesetzbuch gestrichen.

Untervertretung von Frauen in der Politik

In den meisten Paarhaushalten ist bis heute die Frau hauptsächlich für die Hausarbeit zuständig, insbesondere wenn Kinder im Haushalt leben. Bei der Familiengründung reduziert häufig die Frau ihr Erwerbspensum oder verzichtet (vorübergehend) ganz auf eine Erwerbstätigkeit. Nicht selten entscheiden sich Paare aufgrund von Rahmenbedingungen für eine traditionelle Rollenverteilung. Fehlende Krippenplätze und Benachteiligungen von Männern, die Teilzeit arbeiten wollen, hindern junge Eltern u.a. häufig daran, eine andere Aufgabenverteilung zu wählen.

Solange die Frauen die Hauptlast von Haushalt und Care-Arbeit tragen müssen, werden sie insbesondere auf kantonaler und städtischer Ebene in der Politik untervertreten sein. Es ist nämlich fast unmöglich, Care-Arbeit, Haushalt, Erwerbstätigkeit und politisches Engagement unter einen Hut zu bringen. 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts ist es an der Zeit, den Frauenanteil in politischen Ämtern mittels einer verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen!

  • FERI Mit-Wirkung

    Staat und Wirtschaft werden oft als Konkurrenten dargestellt. Doch beide brauchen einander und wir brauchen beides: einen starken Staat und eine prosperierende Wirtschaft! Als Nationalrätin setze ich mich dafür ein, dass Staat und Wirtschaft die Verantwortung dafür teilen, dass die Bevölkerung gut und selbstbestimmt leben kann. Der Staat soll Anreize für die Wirtschaft setzen, sich sozial und ökologisch zu engagieren. Die Wirtschaft ist aufgefordert, Krippen anzubieten, nachhaltig mit Ressourcen umzugehen, junge Menschen auszubilden, Teilzeitstellen zu schaffen, Stellen für sozial Schwächere anzubieten und Personen mit einem Handicap zu beschäftigen. Und zwar so, dass es für alle Beteiligten Sinn macht. Hier geht es zu meiner beruflichen Tätigkeit, der Einzelfirma FERI Mit-Wirkung.

    Bitte senden Sie mir den Newsletter von Yvonne Feri